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Betriebsbesichtigung bei der Janßen-Group
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Projekt: TransRegInt

Abwarten reicht nicht: Jetzt geht es um erneuerbare Energien und Wasserstoff im Gartenbau

Eine Callune, auch Besenheide genannt, die in der Gärtnerei bei Janßen Group als Steckling wurzelt, bleibt bis zu zwei Jahre im Betrieb. Kann das Heranziehen dieser Pflanze und Millionen weiterer zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien gelingen? Das Potential dazu betrachteten Akteure aus dem Agrobusiness Netzwerk bei einem Besuch der Janßen Group in Kevelaer Twisteden.

Konsens in puncto Energiewende: Abwarten reicht nicht. Wenn es um das hochaktuelle und viel diskutierte Thema Energie geht, ist der Mittelstand in seiner Initiative gefragt. Wie wird mein Betrieb autark? Und kann Wasserstoff eine Lösung für den Landwirtschafts- und Gartenbausektor sein? Mit diesen Fragen im Hinterkopf kamen auf Einladung von Agrobusiness Niederrhein e.V. und Ecoport813 Förderverein Wasserstoff & nachhaltige Energie e.V. Vertreter:innen beider Vereine, der Hochschule Rhein-Waal, und der Wirtschaftsförderung des Kreises Kleve zusammen. Mit Blick auf die für den Niederrhein so wertvollen Wirtschaftszweige legten die Expert:innen von EcoPort813 großen Wert darauf, auch Gartenbau und Landwirtschaft bei der Energiewende mitzudenken. Am Beispiel der Janßen Group, einem führenden Gartenbaubetrieb der Region, machte sich die Delegation ein Bild der Prozesse und Energiebedarfe im Zierpflanzenbau.

Die Janßen Group ist ein Gartenbaubetrieb mit Geschichte. Das Kevelaerer Unternehmen besteht in nun dritter Generation. 1964 gegründet, begannen die Großeltern des heutigen Geschäftsleitungsteams mit Gemüse. Es folgten Schnittblumen, dann Topfpflanzen. Nun ist das Team um die Familie Janßen mit 5 Millionen Topfpflanzen und 20 Millionen Jungpflanzen pro Jahr spezialisiert auf Callunen. Aber auch Lavendel, verschiedene Erika-Arten und weitere Kulturen wachsen in den Gewächshäusern und im Freiland heran.

Für Staunen sorgte das neue Gewächshaus der Janßen Group. Die Erweiterung des Betriebes befand sich zum Zeitpunkt des Besuchs in der Endbauphase. Im Gewächshaus beeindruckte der hohe Grad der Automatisierung und Technisierung: Topfmaschinen, Regensensoren, vollautomatische Spritzroboter, Bewässerungs- und Nebelanlagen, alles per App steuerbar. Gleichzeitig ist Handarbeit, insbesondere bei der Stecklingsvermehrung, noch immer gefragt. Raphael Janßen, einer der Geschäftsführer des Unternehmens, betonte, wie wichtig präzises Handwerk noch immer für den Zierpflanzenbau sei und brachte seine Wertschätzung für sein Team zum Ausdruck.

Im Rahmen der Investitionen in den Neubau hat die Janßen Group auf dem Weg der erneuerbaren Energien bereits große Schritte unternommen: Photovoltaikanlagen auf sämtlichen Dächern der Gewächshäuser und Hallen, dazu Speicherbatterien, der Einsatz von Wärmepumpen für die Wohn- und Sozialräume. Die Wasserpumpen laufen im Schnitt zu 70 bis 80 Prozent mit Solarstrom, was sich als günstig erweist, denn bei mehr Sonne wird auch mehr Wasser für die Pflanzen gepumpt. Stolperstein mit Blick auf die Zukunftsfähigkeit der eingesetzten Energien bleibt die Heizung der Gewächshäuser im Winter. Auch wenn die Kulturen in besonders kalten Wintern zeitweise sehr niedrige Temperaturen tolerieren – eine Heizung ist unabdingbar. Und hier fehlen akut realisierbare Alternativen zu fossilen Energieträgern.

Auch wenn aktuell viele Unwägbarkeiten eher dazu einladen, abzuwarten und Investitionen hinauszuzögern – laut der geladenen Experten sei es jetzt absolut notwendig, beim Thema erneuerbare Energien am Ball zu bleiben, die Möglichkeiten aktiv auszuloten und voranzugehen. Denn durch die bevorstehenden CO2-Abgaben werden für fossile Energieträger die Kosten perspektivisch stark ansteigen. Außerdem sei es ratsam, mit Blick auf neue Nachhaltigkeitskriterien bei der Bonitätsbewertung durch Banken, auf grüne Energieträger zu setzen.

Die Expert:innen beschrieben eine proaktive Haltung und auch den Einsatz von Wasserstoff in diesem Zusammenhang als „recht alternativlos“. Für kleinere und mittelständische Betriebe gelte es abzuschätzen, wann reagiere ich und wie? Bedarfe der einzelnen Unternehmen und Gegebenheiten vor Ort sind im Einzelfall zu betrachten. „Für Unternehmen mit einem Fuhrpark, der eher kürzere Strecken und kleinere Fahrzeuge umfasst, lohnt sich im Schnitt eher der Umstieg auf E-Mobilität; bei mittleren und längeren Distanzen ist Wasserstoff die bessere Lösung“, gibt Michael Düchting, Geschäftsführer des Vereins EcoPort813 zu bedenken. Die Teilnehmenden diskutierten auch angeregt über einen regionalen, betriebsübergreifenden Ansatz. Kann man beispielsweise im Verbund mit angrenzenden Betrieben selbst aus überschüssigem PV-Strom Wasserstoff herstellen und nutzen? In Kombination mit Windkraftanlagen? Insbesondere im Mittelstand sehen die Expert:innen Potential in Zusammenschlüssen mehrerer Betriebe. Denn: alle stehen vor den gleichen Fragen und Herausforderungen. Zwar gibt es eine weite Spanne, je nach Energieintensität der Branche, doch im Rahmen eines regionalen Ansatzes gemeinsam autark zu werden – das kann ein Hebel sein auf dem Weg zu einer preisstabilen, gesicherten Energieversorgung. Die Janßen Group blickt nun mit Unterstützung der Hochschule Rhein Waal auf ein betriebsindividuelles Konzept, um konkrete Szenarien zu eruieren.

 

(v.l.n.r.): Dr. Benedikt Rösen (WFG Kreis Kleve), Klaus-Peter Ehrlich-Schnelting (EcoPort813), Omed Abed (Hochschule Rhein-Waal), Prof. Dr. Irmgard Buder (Hochschule Rhein-Waal), Raphael Janßen (Janßen Group), Regina Bach (Hochschule Rhein-Waal/Agrobusiness Niederrhein), Michael Düchting (Ecoport813)