„Back to the roots – zurück zum Ursprung“ ist heute in vielen Bereichen zu einer Trendbewegung geworden. Doch für genau diesen Ansatz wurde Livar, ein Bündnis aus Schweinehaltern aus den Niederlanden, vor 20 Jahren auf dem Markt nicht selten belächelt. „Die ersten 10 Jahre war es wie ein teures Hobby, aber jetzt sind wir genau im Trend“, erzählt Frank de Ronde, Geschäftsführer von Livar.
Der Name Livar steht für Limburgs Kloostervarken, zu Deutsch Limburgische Klosterschweine. Livar ist eine selbstentwickelte Kreuzung von Schweinerassen, um ein Schwein zu züchten, das stark genug ist, um im Freien zu leben, und das außerdem köstliches Fleisch liefert. Die Gruppe von Landwirten, die hinter Livar steht, zeichnete besonders eines aus: Sie wollten dem herkömmliche System der Schweinehaltung mit wachsenden Betrieben und einer starken Industrialisierung nicht länger folgen und stattdessen Schweine halten wie die Gesellschaft, Konsumentinnen und Konsumenten und vor allem sie selbst es für gut halten. Ihrer Überzeugung nach sollte es bei der Schweinezucht um den Fleischgeschmack gehen, was dem damaligen Trend von möglichst magerem Fleisch widersprach. Zudem wollten die Schweinehalter einen höheren Fokus auf das Tierwohl setzen, was zur damaligen Zeit noch eher zweitrangig angesehen wurde. Um ihre Vorstellungen umsetzen zu können, gründeten sie zusammen unter dem Namen Livar eine etwas andere Wertschöpfungskette für Schweinefleisch.
Die limburgischen Schweine werden auf Stroh und mit Außenauslauf gehalten, wie dies auf der Abtei Lilbosch in Echt schon seit 100 Jahren von Mönchen praktikziert wurde. Die Abtei ist einer der Eigentümer von Livar und Aushängeschild des Unternehmens. Nach ihrem Vorbild werden seit 2000 Schweine auf mittlerweile zehn Betrieben auf eine extensive Art und Weise gehalten. Der Fokus liegt besonders auf dem Tierwohl, womit Livar damals schon ein Vorreiter auf dem Gebiet wurde, jedoch wenig Aufmerksamkeit bekam. Heute ist das anders, und so präsentiert Geschäftsführer Frank De Rond stolz den Livestream mit den Livar Schweinen, der rund um die Uhr ein Bild vom Stall liefert und den Konsumentinnen und Konsumenten so einen realistischen Einblick gewährt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass Livar Betriebe mit 3 von 3 Sternen nach dem „Beter Leven Keurmerk“ Zertifikat vom niederländischen Tierschutz ausgezeichnet werden, was von den Tierwohlanforderungen vergleichbar mit Bio-Standards ist.
Seit 2009 werden die Tiere bei der eigenen Schlachterei von Livar geschlachtet und verarbeitet. Zudem beliefert Livar viele Schlachtereien und Metzgereien sowie Restaurants in den Niederlanden, die Veredelungen vornehmen und Fleischprodukte verkaufen.
Dieser große Anteil im Gastro-Bereich wurde in der Corona-Krise zunächst auf negative Weise spürbar, jedoch suchten viele Konsumentinnen und Konsumenten andere Kanäle und kauften auch für zuhause hochwertiges Fleisch. Somit wurde der Verkauf von Fleisch in Metzgereien gesteigert und neue Verkaufsmodelle wie Online-Vermarktung bei Metzgereien wurden intensiviert. Durch diesen Absatzkanal konnte während der Pandemie stabile Umsätze gewährleistet werden. Jetzt stehen die Zeichen gut, um weiter zu wachsen.
Mit dem Konzept rund um das Tierwohl und einer transparenten Produktion liegt Livar aktuell genau im Trend. Das Kaufverhalten hat sich in vielen Bereichen verändert, da Verbraucherinnen und Verbraucher weniger aber dafür hochwertigeres Fleisch essen. Darauf setzt de Rond: „Wir wollen bewusste Konsumenten, für die das Tier und die Qualität im Vordergrund stehen“. Den deutschen Markt sieht er bisher als schwer erreichbar an, da dort auf regionale Produkte gesetzt wird, am liebsten aus Deutschland, auch wenn das manchmal deutlich weiter weg sein kann als unsere niederländischen Nachbarn. Doch warum in der Ferne suchen, wenn das Gute liegt so nah?!
Foto: Frank de Rond, Geschäftsführer von Livar
Dieser Bericht wurde im Rahmen des Agropole-Projekts verfasst. Das Projekt ist Teil des INTERREG-Programms Deutschland-Nederland. Es wird mitfinanziert durch die Europäische Union, die Provinz Limburg und das MWIDE NRW. Ziel des Projekts ist es, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Agrobusiness zu fördern, um die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft der Branche zu stärken.