„Innovationen kommen vom Niederrhein, wenn es um den Gartenbau geht, und das gilt auch für nachhaltige Verpackungen“, so eröffnete Dr. Anke Schirocki, Geschäftsführerin von Agrobusiness Niederrhein e.V., die Veranstaltung in den Räumlichkeiten der Erzeugergenossenschaft Landgard. Zu der Veranstaltung hatte Agrobusiness Niederrhein zusammen mit Brightlands Campus Greenport Venlo und der Gemeinde Venray im Rahmen des Agropole-Projekts grenzüberschreitend eingeladen.
Landgard arbeitet auf verschiedenen Wegen daran, die Verpackung für Pflanzen in geschlossene Kreisläufe zu überführen und so Verpackungsmaterial und CO2 einzusparen. Eine wichtige Rolle hierbei spielen die verwendeten Transportpaletten, auch Trays genannt. Dies sind Verpackungen im Blumenhandel, in denen mehrere Pflanzen zusammen transportiert werden. Beim Gärtner werden die Pflanzen von der Kulturfläche aus in die Trays gestellt und bis zum Einzelhandel gebracht, der sie für den Kunden zumeist aus dem Tray nimmt, um sie einzeln zu verkaufen. Bisher handelt es sich bei diesen Transportpaletten überwiegend um Einwegprodukte.
Bei nachhaltigen Transportverpackungen setzt Landgard auf zwei Systeme, erläuterte Marius Huschka, Teamleiter Key Account Management bei Landgard Blumen & Pflanzen. Mit dem Kreislaufsystem TrayC werden die TransportPaletten beim Einzelhandel wieder eingesammelt und einer zentralen Sortierstelle zugeführt. Je nach Zustand der Palette wird dort entschieden, ob sie direkt wieder an den Gärtner für eine weitere Nutzung gehen kann, oder beim Trayhersteller recycelt wird, um erneut Paletten aus dem Material herzustellen. Für diese Kreislauf-Lösung wurde eine eigene Palettenserie unter dem Namen TrayC eingeführt, die einen reibungslosen Prozess ermöglicht.
Mit diesem System wird im Vergleich zu den bisher verwendeten Einwegpaletten, die beim Einzelhandel entsorgt werden, bereits ein großer Teil an Kunststoff im Kreislauf gehalten, was nachweislich zu einer deutlichen Einsparung an CO2-Emissionen führt
Eine wesentlich höhere Wiederverwendung soll zudem die Mehrwegpalette Floritray ermöglichen, die nach Sortierung und Reinigung vollständig wiederverwertbar ist. Dabei gilt es, einige Herausforderungen zu bewältigen: Die Mehrweg-Paletten müssen stabil genug gestaltet sein, so dass sie eine Mehrfachanwendung sowie Reinigung gut überstehen. Die Vielfalt der Trays muss geringgehalten werden, um den Sortieraufwand zu minimieren. Das gelingt dadurch, dass verschieden große Töpfe in ein Tray passen. Außerdem muss ein System aufgebaut werden, das sowohl die Sortierung und Reinigung durchführt als auch die Bestellung und Abrechnung ermöglicht.
Bei einem großflächigen Test wurden im April 2022 gemeinsam mit einem Kunden aus der Baumarktbranche 60.000 Floritray in Umlauf gebracht. Mit diesem ersten Schritt sollen 300.000 Einwegtrays pro Jahr eingespart werden. Gelingt der Test, soll der Einsatz von Floritray anschließend schrittweise ausgebaut werden. Wichtig ist dabei, dass die Akzeptanz für das System weiter steigt. Je mehr Marktteilnehmer das System nutzen und nachfragen, umso schneller wird die Trayzahl steigen.
Für Landgard bildet die Kombination der Systeme TrayC und Floritray den Schlüssel zum Erfolg. Während Floritray die Grundauslastung über das gesamte Jahr abdecken kann, wird TrayC in Zeiten erhöhten Aufkommens, wie z.B. zur Beet- und Balkonpflanzenzeit im Frühjahr, zum Einsatz kommen.
Bei der Recyclingfähigkeit von Trays hört das Thema Reduzierung von Plastikmüll im Gartenbau noch nicht auf. Ein wichtiges Thema ist auch der Einsatz alternativer Materialien für den Kunststofftopf. Antonia Cox hat den sogenannten „POTTBURRI“ bereits bekannt gemacht, insbesondere, als sie zusammen mit ihrem Bruder Alexander Cox ihre innovative Idee in der Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“ vorgestellt hat. Der Wunsch, den Kunststofftopf durch umweltfreundlicheres Material zu ersetzen, ist nicht neu. Darauf weist sie hin, denn bereits ihr Opa hat vor 30 Jahren daran gearbeitet. Der POTTBURRI ist ein Pflanztopf, der aus Sonnenblumenkernschalen hergestellt wird, mit der Pflanze zusammen in dem Boden gesetzt wird und sich mit der Zeit zersetzt. Der Topf hinterlässt keinen Kunststoff, kein Mikroplastik und auch keine Schadstoffe im Boden. Er ist in den Gärtnereien in den üblichen Maschinen einsetzbar und somit für die Herstellung großer Mengen zu gebrauchen. Im Boden eingepflanzt kompostiert er ungefähr innerhalb eines Jahres und zersetzt sich dabei zu Biomasse. Auch wenn er bereits von vielen Gärtnern verwendet wird, geht die Produktentwicklung immer weiter. Verwendetes Material, Zusammensetzung, wie die Pflanzen in den Töpfen wachsen und wie der Topf sich zersetzt, sind Faktoren, die weiterhin optimiert werden können. Relativ neu ist jetzt auch die Möglichkeit des Versands über den Online-Shop auf der Internetseite von POTTBURRI. „Die Versandverpackung besteht nur aus Karton“, erklärt Antonia Cox, und ist so gestaltet, dass sie nur durch die Falttechnik die Pflanzen stabil hält und sicher verpackt. „Man kann die Pflanzen im Karton sogar auf den Kopf stellen, ohne dass sie herausfallen“, erklärt sie und demonstriert es den Teilnehmenden der Veranstaltung vor Ort. In ihrem Vortrag vermittelt Antonia Cox glaubhaft, dass die Firma POTTBURRI für Innovation steht. Man darf gespannt sein, was in Zukunft noch für den Gartenbau von ihrer Seite auf den Markt kommen wird.
Die Veranstaltung rundete Henning H. Sittel von der Effizienz-Agentur NRW mit seinem Vortrag zum Thema „Bewertung der Nachhaltigkeit von Verpackungslösungen" ab. Aktuell fallen pro Kopf und Jahr in Deutschland 227,5 kg Verpackungsmüll an. Die von der Bundesregierung angestrebten Recyclingquoten liegen für Kunststoffe bei 63 % und für die meisten anderen Wertstoffe bei 80 bis 90 %.
Eine nachhaltige Verpackung muss viele Anforderungen erfüllen. Sie muss maximale Funktionalität bieten, bestmöglichen Produktschutz, möglichst geringe ökologische Auswirkungen haben, unter minimalem Ressourceneinsatz möglich sein, eine werkstoffliche Wiederverwendung (Zirkularität) zulassen und für Konsument:innen handhabbar sein.
Zusammen mit dem Forschungsnetzwerk des prosperkolleg an der Hochschule Ruhr West wurde eine Matrix zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Verpackungen entwickelt. Das sich in der Weiterentwicklung befindliche Tool ermöglicht auf Basis von Indikatoren Packmittelanalysen (Vergleich von zwei unterschiedlichen Verpackungen). Dabei ist eine qualitative Betrachtung der erste Schritt, dem eine quantitative Betrachtung folgt. Der Nutzen des Tools besteht darin, Transparenz zu schaffen, Argumentationen zu generieren und dies zu dokumentieren. Dabei wird ein ganzheitlicher Bewertungsansatz zur Beurteilung der Nachhaltigkeit („Drei Säulen-Modell“) verfolgt. Insbesondere bei Betrachtungen entlang der Wertschöpfungskette können die Ergebnisse eine Entscheidungshilfe darstellen, welche Indikatoren wesentlich für die Einschätzung der Nachhaltigkeit von Verpackungen sind. Sittel wies darauf hin, dass interessierte Unternehmen sich gerne an ihn wenden können, um eine konkrete Packmittelanalyse gemeinsam durchzuführen.
v.l. Antonia Cox, Pottburri, Marius Huschka, Landgard, Henning H. Sittel, Effizienzagentur, Dr. Anke Schirocki, Kathrin Poetschki, beide Agrobusiness Niederrhein
Die Präsentationen der Referenten finden Sie im Anhang. Die Präsentation von POTTBURRI ist zu groß für den Download-Bereich. Bei Interesse kontaktieren Sie gerne kathrin.poetschki(at)lwk.nrw.de. Dann senden wir diese Präsentation gerne separat zu.
Diese Veranstaltung fand im Rahmen des Agropole-Projekts statt. Das Agropole-Projekt wird innerhalb des INTERREG-Programms Deutschland-Niederland durchgeführt und durch die Europäische Union, das MWIDE NRW und die Provinz Limburg gefördert.