Tipps für Hochschulabsolventen zu Bewerbung und Berufseinstieg in der Agrobusiness-Branche.
Die Branche Agrobusiness hält vielfältige Berufsmöglichkeiten für Hochschulabsolventen bereit. Am Niederrhein ist die Branche stark vertreten und damit auch viele Unternehmen mit ihren Jobangeboten. An der Hochschule Rhein-Waal in Kleve und Kamp-Lintfort werden entsprechende Studiengänge angeboten. „Wir bilden in den Studiengängen Agribusiness und Nachhaltige Landwirtschaft aus“, erklärt Prof. Dr. Steffi Wiedemann, Dozentin für Nutztierhaltung und Umweltwirkung an der Fakultät Life Sciences der Hochschule Rhein-Waal. „Wir möchten unseren Absolventen einen guten Start ins Berufsleben ermöglichen und geben ihnen daher gerne Informationen aus der Praxis mit. Deshalb haben wir an der Reihe des „Roten Sofas“ teilgenommen, in der im Rahmen der digitalen Messe EuroTier verschiedene Hochschulen Akteure aus der Praxis hinsichtlich ihrer Tipps für Berufseinsteiger interviewt haben. Wir haben Dr. Anke Schirocki für dieses Interview gewinnen können. Sie bringt selber Erfahrungen in der Stellenbesetzung mit und hat als Geschäftsführerin der Netzwerkinitiative Agrobusiness Niederrhein einen Überblick über Jobmöglichkeiten und Arbeitsplatzanforderungen in der Agrobusiness Branche.
Prof. Dr. Steffi Wiedemann von der Hochschule Rhein-Waal im Gespräch mit Dr. Anke Schirocki von Agrobusiness Niederrhein e.V.
Die Fragen wurde von Sebastian Mücke, Student des Studiengangs Nachhaltige Landwirtschaft, gestellt:
Mücke: Dr. Schirocki, wie ist Ihr beruflicher Werdegang?
Dr. Schirocki: Den Berufseinstieg habe ich mit einer Lehre im Zierpflanzenbau begonnen, bevor ich für ein Gartenbaustudium an die Technischen Fachhochschule nach Berlin ging. Im Anschluss war ich für einen Masterstudiengang im Fach Pflanzenschutz an einer Universität in England, wo ich auch meine Promotion anschließen konnte. Nach Studienabschluss habe ich eine Anstellung bei der Landwirtschaftskammer in NRW gefunden, wo ich Referentin für Zierpflanzenbau und Baumschulen wurde. Seit 2009 war ich stellvertretend in der Geschäftsführung und seit 2013 für die Geschäftsführung des Vereins Agrobusiness Niederrhein e.V. verantwortlich.
Mücke: Worauf wird Ihrer Erfahrung nach in Unternehmen im Agrarbereich bei der Stellenbesetzung geachtet? Was muss ein Bewerber, eine Bewerberin mitbringen?
Dr. Schirocki: Ich möchte das in die fachlichen und persönlichen Qualifikationen unterteilen. Je näher ein Bewerber mit seinen Kenntnissen am Anforderungsprofil der Stelle liegt, umso größer sind die Chancen, eine Stelle angeboten zu bekommen. Das bezieht sich bei der ersten Stelle vor allem auf den Studiengang. Bei den darauffolgenden Jobs wird es umso wichtiger, was man vorher gemacht hat. Daher bestimmen die ersten Jahre nach dem Studienabschluss sehr stark, in welchem Bereich man seine gesamte Berufslaufbahn tätig sein wird.
Bei den persönlichen Qualifikationen steht Kommunikationsfähigkeit und selbstsicheres Auftreten ganz weit vorne im Anforderungsprofil. Damit sage ich aber sicher nichts Neues. Im Bewerbungsgespräch wird aber auch genau darauf geachtet, ob die Vorstellung, die der Bewerber von seiner zukünftigen Stelle hat, auch mit dem realen Stellenprofil übereinstimmt. Damit möchte der Arbeitgeber vermeiden, dass sich der neue Mitarbeiter bereits nach kurzer Zeit enttäuscht einen neuen Job sucht.
Mücke: Wie wichtig sehen Sie Zusatzqualifikationen wie Auslandsaufenthalte oder z.B. die Mitarbeit in Studierendenvertretungen?
Dr. Schirocki: Diese Zusatzqualifikationen sind insbesondere bei den ersten Jobs nach dem Studium wichtig. Je länger man dann im Berufsleben steht, umso bedeutender werden die Qualifikationen aus den vorangegangenen beruflichen Tätigkeiten.
Ein Auslandsaufenthalt zeigt mir als Arbeitgeber, dass der Bewerber mutig ist, neue Herausforderungen anzugehen und Erfahrungen im Umgang mit unterschiedlichen Kulturen hat. Das würde ich als Arbeitgeber immer positiv bewerten. Ich halte es für wichtig, diese Auslandsaufenthalte im fachlichen Kontext zu gestalten. Arbeits- oder Studienaufenthalte im eigenen Fachbereich sind da besonders wertvoll.
Auslandsaufenthalte sind vorteilhaft für die ersten Stellen nach dem Studium, aber noch viel wichtiger halte ich sie für die eigene persönliche Entwicklung. Selber war ich in England und auch mehrere Monate in den USA. Die Erfahrungen, die ich in dieser Zeit gesammelt habe, waren sehr wertvoll und sind es immer noch. Einen Auslandsaufenthalt sollte man in jungen Jahren machen, solange man noch ohne Partner und Familie ist. Später geht es dann nur noch im Rahmen einer Anstellung und die Familie muss mitziehen.
Mücke: Welche Vorzüge sehen Sie in dem praxisorientierten Studium an den Fachhochschulen?
Dr. Schirocki: Durch ein Studium mit einem Schwerpunkt im Gartenbau oder in der Landwirtschaft wird man entweder seinen Job in der Primärproduktion finden oder in anderen Bereichen des Agrobusiness, also den vor- bzw. nachgelagerten Unternehmen wie der Zulieferindustrie, der Logistik, dem Handel oder im Dienstleistungsbereich. Dabei arbeitet man häufig eng mit der Landwirtschaft oder dem Gartenbau zusammen und hier sind Arbeitnehmer gefragt, die ein Verständnis für die Branche mitbringen. Kompetenzen aus der Wissenschaft, wie sie ein Universitätsstudium vermitteln, sind für die meisten Jobs keine Voraussetzungen.
Mücke: Worauf sollten Stellenbewerber Ihrer Meinung nach bei einer Bewerbung achten?
Dr. Schirocki: Informieren Sie sich genau über Anforderungen der ausgeschriebenen Stelle. Häufig ist ein Ansprechpartner bei einer Stellenanzeige angegeben. Rufen Sie an, informieren sich und zeigen Sie so Interesse. Schauen Sie auch selber, ob der Job wirklich etwas für Sie ist. Und wenn es dann mit der Bewerbung nicht geklappt hat, sehen Sie damit nicht Ihre Kompetenzen und Ihre Persönlichkeit in Frage gestellt. Ob man eine Stelle bekommt hat auch ganz viel mit Glück zu tun. Da muss es nur einen Bewerber geben, der nur ein klein wenig besser ist, und schon ist man raus.
Mücke: Was möchten Sie den Fachhochschulen und Fachhochschülern noch persönlich mitgeben?
Dr. Schirocki: Ich kann nur empfehlen vor dem Studium eine Ausbildung zu machen. Das gilt insbesondere, wenn man nicht auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen ist. Eine Lehre bringt ganz wichtiges Praxiswissen und ein „Zugehörigkeitsgefühl“, das einen die gesamte Berufslaufbahn begleitet.
Wir alle suchen nach einem Job, der uns erfüllt und in dem wir etwas bewirken können. Ich glaube, dass man sich dabei auf die „Kleinen“ Dinge konzentrieren sollte, denn im „Kleinen“ kann man eine Wirkung erzielen. Und stellt sich dann doch mal Enttäuschung über den eingeschlagenen Weg ein, sollte man einen Ausbildungsabschnitt möglichst zu Ende gehen und währenddessen nach neuen Möglichkeiten für die Zeit danach suchen. Zum Schluss möchte ich noch eine Erfahrung mitgeben: Genießen Sie Ihre Studienzeit! Sie ist etwas ganz Besonderes, das so später nicht mehr wiederkehrt.
Regionale Jobbörse für das Agrobusiness
Agrobusiness Niederrhein e.V. bietet auf seiner Internetseite eine regionale Jobbörse für die Branche Agrobusiness an. Unternehmen können ihre Jobangebote kostenfrei einstellen und Interessenten können direkt Kontakt über die Anzeigen mit den Unternehmen aufnehmen. Ziel der Jobbörse ist die Fachkräftegewinnung und Sicherung für das Agrobusiness am Niederrhein.
https://www.agrobusiness-niederrhein.de/jobboerse/agrobusiness-stellenmarkt-niederrhein
Dr. Anke Schirocki, Geschäftsführung von Agrobusiness Niederrhein e.V.
Prof. Dr. Steffi Wiedemann von der Hochschule Rhein-Waal