„Das haben wir immer schon so gemacht.“ – Nicht selten scheitert die Umsetzung einer innovativen Idee im Unternehmen an einer solchen Aussage. Anders in der Baumschule Fleuren. Hier trifft langjährige Erfahrung auf Neugierde und Innovationskraft. In diesem Jahr feiert der Betrieb sein 100-jähriges Bestehen und stellt dennoch immer wieder Ideenreichtum und Pioniergeist unter Beweis.
1922 wurde Baumschule Fleuren von Henri Fleuren gegründet. Seitdem dreht sich in der Baumschule, die auch einen deutschen und einen serbischen Standort hat, alles um Obstbäume. Mit viel Leidenschaft werden Obstbäume vermehrt und für Kunden herangezogen. Heute wird der Betrieb von Han Fleuren, Enkel des Gründers, geleitet und umfasst mehr als 85 Hektar. „Der Name Fleuren steht für Innovation im Obstbaumanbau“, berichtet Yannick Smedts. Er ist seit 2013 Mitarbeiter und im Unternehmen für die Betreuung der Kulturen und das Wassermanagement zuständig.
Fleuren hat in der Vergangenheit viel Innovationsgeist und Vorreiterdenken bewiesen und den Obstbaumanbau weltweit mit seinen Ideen geprägt. In den 70er Jahren erfand Karel Fleuren den Knipbaum. Nach einem Jahr Wachstum wird der Baum auf einer Höhe von ca. 65 bis 70 cm abgeschnitten. Von den neuen Trieben werden nur die oberen behalten. Andere Triebe werden wiederum entfernt, wodurch ein starkes Wachstum und eine starke Verzweigung der verbleibenden Triebe gefördert wird. Das Ziel: möglichst viele horizontale Zweige, denn diese tragen später am meisten Früchte.
Eine weitere Innovation aus dem Hause Fleuren ist der sogenannte 3K-Baum: Kilos, Kleur und Kwaliteit – zu Deutsch: Kilos, Farbe, Qualität. Bei dieser Baumform entstehen Bäume, die schon im Jahr der Pflanzung beim Kunden erste Früchte tragen. Auch hier wird versucht, möglichst viele ertragreiche horizontale Zweige wachsen zu lassen.
Quitte-Eline, kurz Q-Eline, ist eine weitere Innovation. Hierbei handelt es sich um eine Unterlage, die im Birnbaum-Anbau zum Einsatz kommt. Q-Eline sorgt für Frostresistenz und höhere Produktion der Birnbäume. Fleuren hat sie entwickelt und erhielt dafür 2009 Sortenschutz in Europa. Patente in anderen Regionen der Welt folgten.
Insgesamt fokussiert sich der Betrieb heute auf die Produktion von Apfel-, Birnen-, Pflaumen und Kirschbäumen. In der Kirschbaumproduktion ist der Betrieb europaweiter Marktführer. Der Großteil der Kunden sind Betriebe, die Obst anbauen und vermarkten. Lediglich die sogenannten MiniTrees, die Fleuren seit 2010 produziert, werden an Endverbraucher verkauft.
Foto: Han Fleuren und Yannick Smedts (Foto: Fleuren Archiv)
50 festangestellte Mitarbeiter sowie 20 Saisonarbeitskräfte sind in der Obstbaumschule angestellt. Um etwas gegen den Fachkräftemangel zu tun, hat Fleuren gemeinsam mit der Fachschule Helicon ein Ausbildungsprogramm entwickelt, in dem junge Menschen gezielt Kenntnisse im Obstbau erlernen. Durch eine Zusammenarbeit mit der HAS in Venlo und den Bosch sucht der Betrieb ebenfalls Austausch mit Studierenden. Zum einen können junge Menschen so für Themen aus dem Obstbau sensibilisiert werden und ihre Kenntnisse in dem Bereich vertiefen, zum anderen können die Studierenden neue Kenntnisse und Forschungsergebnisse generieren, von denen Fleuren wiederum profitiert. „Der Kontakt zu den Hochschulen und die Zusammenarbeit mit Studierenden kann für beide Seiten von großem Vorteil sein“, fasst Yannick Smedts zusammen. Nicht immer geht es nur um Wissen im Bereich Pflanzen. „Wir suchen auch die Zusammenarbeit in den Bereichen IT und Datenverarbeitung. Hier erwarten wir in Zukunft noch viele Prozessoptimierungen und Innovationen, die die Qualität unserer Arbeit und die Freude der Mitarbeiter an der Arbeit weiter verbessern“, berichtet Smedts.
Yannick Smedts arbeitet drei Tage pro Woche für die Baumschule Fleuren. Die restliche Zeit der Woche ist er bei FleurenTech angestellt. Seine Aufgabe dort ist es, Startups zu unterstützten, die sich vor allem mit technischen Innovationen für den Obstbaumanbau bzw. Baumschulen beschäftigen. FleurenTech ist ein Unternehmen, das 2019 gegründet wurde und in die Gründung einiger Startups involviert ist.
WolkyTolky ist eines dieser Startups. Es besteht seit 2019. Auch hier geht es um das Sammeln von Daten im Betrieb. Das Produkt WolkyTolky ist eine multifunktionale Wetterstation, die über verschiedene Sensoren Daten aus Garten- und Obstbaubetrieben sammelt. Diese werden in einer App versammelt und anwenderfreundlich dargestellt. Ein integriertes Alarmsystem kann den Betriebsleitern zusätzlich anzeigen, wenn bestimmte kritische Werte unter- oder überschritten werden.
In 2020 wurde das Startup AgroWizard gegründet. Auch hier ist es das Ziel, Baumschulen die Möglichkeit zu geben, einen Schritt in Richtung Precision Farming (Präzisionslandwirtschaft) zu gehen, indem betriebsspezifische Daten erfasst und in einer App bereitgestellt werden. Neben Satellitendaten oder Informationen zur Bodenart können beispielsweise auch aktuelle Daten zu Bodenfeuchte und Temperatur eingespielt werden, die über Sensoren erfasst werden. Auch ein Stammdickemessgerät, dass über verschiedene Kameratechniken automatisch den Durchmesser der Baumstämme erfasst, ist eines der Module, die AgroWizard entwickelt und zukünftigen Kunden anbieten möchte.
SoilMasters ist das jüngste Startup. Es wurde ebenfalls 2020 gegründet und beschäftigt sich mit Bodenfruchtbarkeit und Bodenqualität. Dazu werden Böden genauer analysiert. Auf Basis der erhobenen Daten können bedarfsgerechte Empfehlungen ausgesprochen werden, die die Bodenlebewesen fördern und die Bodenfruchtbarkeit erhöhen. Durch die erhobenen Daten soll der Einsatz von Produktionsmitteln bedarfsgerecht gesteuert werden. Eine teilflächenspezifische Bearbeitung kann so dazu beitragen, Ressourcen zu sparen und Erträge zu optimieren. Insofern kann die Produktion ökologisch und ökonomisch nachhaltiger gestaltet werden.
Dieser Bericht wurde im Rahmen des Agropole-Projekts geschrieben. Das Agropole-Projekt wird innerhalb des INTERREG-Programms Deutschland-Niederland durchgeführt und durch die Europäische Union, das MWIDE NRW und die Provinz Limburg gefördert.