Ein modernes Gewächshaus ist weit mehr als ein Glashaus. Es gehört viel Know-How dazu, um ein perfektes Zusammenspiel von Architektur, Materialien, technischen Anlagen und den Pflanzen zu ermöglichen.
Rund 4 Hektar an insgesamt drei Standorten bewirtschaftet der Familienbetrieb – alles unter Glas. Neben seiner Frau Dorothee Brelage-Hanka arbeiten noch weitere Voll- und Teilzeitkräfte sowie zwei Auszubildende im Betrieb. „Wir sind sehr gut aufgestellt, aber das verdanken wir auch unserer offenen und modernen Mitarbeiter- und Betriebskultur“, berichtet Georg Hanka auf die Frage, ob er einen Fachkräftemangel verspüre. „Wir haben eine Frauenquote von rund 50 Prozent und ermöglichen auch individuelle Arbeitszeitmodelle.“ Dabei hat er die Erfahrung gemacht, dass Teilzeitkräfte sehr leistungsfähig sind und in der zwar kurzen Zeit, die sie im Betrieb mithelfen, viel erreichen. „Die Power, die diese Leute mitbringen, befruchtet den Betrieb. Die heutige Lebenssituation lässt es nicht zu, dass jeder Vollzeit arbeitet“, so der Betriebsleiter. Er sieht dies jedoch nicht als ein Problem, sondern schätzt die Arbeit derjenigen, die in Teilzeit arbeiten, als gleichermaßen wertvoll: „Das beweisen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer wieder.“
Betonboden – pflegeleicht und funktional
Eines fällt sofort auf, wenn man die Gewächshäuser des Gartenbaubetriebs Hanka betritt: überall Betonboden. Der ist nicht nur pflegeleicht und gut befahrbar mit Lieferwagen und Fahrzeugen wie dem Gabelstapler zum Rücken und Versetzen der Pflanzen. Der Betonboden speichert auch Wärme und gibt diese wieder ab. Da die Pflanzen hier im Betrieb nicht auf Tischen, sondern direkt auf dem Boden stehen, kommt ihnen diese Wärme unmittelbar zugute. „Solange noch Sonne einstrahlt ist kaum Heizung nötig“, erklärt Hanka. „Ansonsten wird über eine Fußbodenheizung geheizt, die manchmal erst im November oder Dezember eingeschaltet wird. Das reicht dann aus, die Umgebungstemperatur um die Pflanzen herum über dem Gefrierpunkt zu halten. Ende Februar kann man sie dann manchmal schon wieder abschalten.“
Im Gewächshaus sind ca. 70 km Bodenheizungsschläuche verlegt. Der Wasserkreislauf zur Bewässerung ist komplett vom Heizkreislauf getrennt. Das ist wichtig, da die Heizung über eine flache Geothermieheizung betrieben wird. Dabei wird Grundwasser aus dem Boden geholt und etwa 100 m entfernt von der Entnahmestelle wieder zurück ins Grundwasser gegeben. Mit dem Verfahren lassen sich zwar keine hohen Temperaturen im Gewächshaus erzielen, aber es reicht, um die Kulturen im Winter bei Außentemperaturen bis -10 Grad Celsius vor Frost zu schützen. Wird es draußen kälter, werden die Pflanzen zusätzlich mit einem Vlies abgedeckt.
Langlebige und pflegeleichte Bedachung
Das Dach des Gewächshauses besteht aus einem strapazierfähigen Teflon-Material. Es verwittert nicht durch UV-Einstrahlung wie herkömmliche Gewächshausbedachungen und ist somit unbegrenzt haltbar – „außer es wird zerschnitten“, ergänzt Hanka. Genau genommen besteht das Dach aus zwei Schichten. Zwischen den zwei Teflon-Folien befindet sich ein Luftpolster zur Isolierung. „Diese Art der Bedachung ist zwar sehr teuer, aber langlebig und funktional. Sie reinigt sich auch von selber. Das war es uns wert, beim Bau dieses Gewächshauses gleich ein wenig mehr Geld auszugeben, um uns spätere Instandhaltungsmaßnahmen und -kosten zu ersparen“, so Hanka.
Das Material lässt UV-Strahlung durch, sodass sich die Mitarbeiter durch entsprechende Vorsorgemaßnahmen vor einem Sonnenbrand schützen müssen. Vorteil der UV-Durchlässigkeit ist der kompaktere Wuchs der Pflanzen. Außerdem sind die Farben der Pflanzen durch die UV-Einstrahlung ausgeprägter und die Pflanzen abgehärteter bzw. robuster. So erfahren sie keine Verbrennungen, wenn sie direkt in den Außenbereich gepflanzt werden.
Zum Zeitpunkt des Interviews im August 2020 stehen in einigen Parzellen Sonnenblumen als Topfkultur. „Im Sommer brauchen die Sonnenblumen nur fünf Wochen vom Topfen bis zum Verkauf“, berichtet Hanka. Die hohe Sonnenintensität in diesen Monaten werde von den Pflanzen in schnelles Wachstum umgesetzt. Bei den im März ausgesäten Pflanzen müsse man hingegen mit längeren Wachstumszeiten aufgrund von weniger Licht und Wärme rechnen.
Eine Bauweise für optimales Klima
Hanka schätzt die Höhe des Gewächshauses sehr. Sie trägt zu einem besseren Klima bei, das sich positiv auf die Pflanzengesundheit auswirkt. Der erfahrene Gartenbauer kann sich vorstellen, dass ein noch höheres Gewächshaus diesen Effekt sogar noch verstärken würde. So könnte bei zunehmend geringerem Angebot an Pflanzenschutzmittel ein gesunder Bestand über die Bauweise des Gewächshauses erreicht bzw. positiv beeinflusst werden.
Die quadratische Bauweise des Gewächshauses (Grundriss) wurde gewählt, um im Verhältnis zur Gesamtfläche einen möglichst geringen Anteil an Außenfläche (entlang der Gewächshauswände) zu haben, sodass die Bedingungen für die Pflanzen im Gewächshausinneren möglichst homogen sind und Heizleistung gespart wird.
Bewässerungssystem
Die Bewässerung läuft über ein geschlossenes System. Die Pflanzen werden direkt nach dem Topfen einmal von oben bewässert, sodass die Wurzeln den Bodenschluss bekommen. Danach erfolgt die Bewässerung nur noch von unten über ein Anstausystem. Hierzu stehen die Pflanzen in kleineren Parzellen auf dem Betonboden, die von ca. 10 cm hohen Gummibanden voneinander getrennt sind. Diese sind so flexibel, dass der Gabelstapler zum Beispiel zum Rücken der Pflanzen bequem darüberfahren kann. Überschüssiges Wasser läuft zurück und wird von einem Filter gereinigt. Verbrauchtes Wasser wird durch Regenwasser aufgefüllt. So ergibt sich ein sparsamer Wasserkreislauf. Auf die Frage, ob über dieses geschlossene Bewässerungssystem Pflanzenkrankheiten überträgt, antwortet Hanka: „Bisher nicht, wir haben nur gute Erfahrungen damit gemacht“.
Individuelle Pflanzendüngung
Die Düngemischungen werden selber zusammengestellt und individuell nach Pflanzenwachstum und Kulturstadium angepasst. So entstehen sehr individuelle Düngerezepturen, die bedarfsorientiert sind und Einträge von Überschüssen ins Wasser verhindern. Mehrmals am Tag wirft Betriebsleiter Georg Hanka zudem einen Blick in die Wettervorhersage, denn auch das Wetter hat einen Einfluss auf die geplante Düngung.
Kamerasortierung
Eine kameragesteuerte Pflanzensortierung erleichtert den Mitarbeitern die Arbeit und sorgt für homogene Sortierungen. Insgesamt läuft eine Pflanze mindestens dreimal über die Sortiermaschine: beim Topfen, beim Rücken und vor dem Verkauf. Diese erkennt nicht nur die Größe (Höhe und Durchmesser) der Pflanze, sondern auch ihren Farbstand, sodass knospigere Pflanzen von Pflanzen mit weiter geöffneten Blüten unterschieden werden und der Kunde genau die Pflanzenpartie erhält, die er sich wünscht.
„Wir im Gartenbau sind schon lange global ausgerichtet. Unsere Pflanzen kommen aus allen Teilen der Welt und wurden hier vermehrt und weiter gezüchtet.“ Das zunehmende Interesse der Verbraucher für Nachhaltigkeit geht auch an dem Gartenbaubetrieb nicht spurlos vorüber. So bemüht sich der Betrieb zunehmend um die Reduzierung des Plastikverbrauchs, und auch beim Pflanzenschutz wird noch genauer als üblich auf Einsparungspotential geachtet. Beides führt teils zu höheren Produktionskosten, wie Hanka am Beispiel der recyclebaren Pflanzentöpfe erklärt. Dennoch befürwortet er diese Entwicklung und nimmt die Verantwortung der Branche für die Umwelt gerne wahr.
Dieser Bericht wurde im Rahmen des Agropole-Projekts geschrieben. Das Agropole-Projekt wird innerhalb des INTERREG-Programms Deutschland-Niederland durchgeführt und durch die Europäische Union, das MWIDE NRW und die Provinz Limburg gefördert.