„Alte Wege öffnen keine neuen Türen“ ist eine klassische Unternehmerweisheit. Wie man diese kreativ in die Praxis umsetzt zeigt Familie Schiffers aus dem Kreis Heinsberg mit vielfältigen Betriebszweigen. Sie verarbeitet und vermarktet nicht nur ihre hofeigene Milch unter der Marke Zipfelmilch, sondern hat mit einer Biogasanlage, Photovoltaikanlagen und dem Vertrieb von Gummimatten weitere Standbeine neben der Milchwirtschaft. Von diesen vielseitigen Geschäftsideen konnten sich die Besucherinnen und Besucher des Boerentour Events bei Zipfelmilch letzten Monat vor Ort ein Bild machen. Eingeladen wurde im Rahmen des deutsch-niederländischen Interreg-Projekts „Agropole“ von Agrobusiness Niederrhein e.V. gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung Kreis Viersen.
V. l. n. r.: Carolin Kämmer vom „Heinsberger Land“, Herbert und Hildegard Schiffers von Zipfelmilch, Marcel Claus von der Gemeinde Venray, Theo Lenzen von der Wirtschaftsförderung Kreis Viersen, Anke Schirocki von Agrobusiness Niederrhein e.V., Matthias Schiffers von Zipfelmilch und Sonja Winden von der Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW e.V. (Foto: Agrobusiness Niederrhein)
Hildegard und Herbert Schiffers betreiben gemeinsam mit ihren Kindern einen Milchviehbetrieb mit rund 250 Kühen und eigener Nachzucht westlich von Heinsberg. Die Milch ausschließlich an eine Molkerei zu liefern reichte der Familie nicht mehr aus, sodass im Jahr 2015 die Idee der eigenen Hofmolkerei heranwuchs. Der eigenen Milch dadurch einen Mehrwert und ein Gesicht zu geben, war der Familie sehr wichtig. 2017 begannen sie nach einigen Umbauarbeiten mit der Produktion von Vollmilch und fettarmer Milch. „Heute ist die Produktpalette breit gefächert: von Vollmilch über Kakao bis hin zu verschiedenen Sorten Joghurt werden alle Produkte in der Molkerei direkt am Hof angerfertigt und im Umkreis verkauft“, berichtet Hildegard Schiffers. Die Wege zum Konsumenten sind dabei sehr unterschiedlich. Dreimal in der Woche werden die Milchprodukte direkt zu den Abnehmern wie zum Beispiel Kindergärten, Altenheime und Hofläden in der Region Brügge, Erkelenz bis hin in den Raum Aachen gebracht. Darüber hinaus gibt es die Zipfelmilch aber auch in den Supermärkten in der Region und natürlich im eigenen Hofladen zu kaufen.
„Konsumenten legen heutzutage immer mehr Wert auf regionale Produkte und Transparenz und sind auch bereit, dafür zu bezahlen“, erklärt Sohn Matthias Schiffers. Rund 25-30 Prozent seiner Milch vermarktet der Betrieb aktuell unter dem eigenen Logo. Die anderen 75 Prozent werden weiterhin an die Molkerei geliefert. Der Name Zipfelmilch leitet sich aus der geographischen Lage, am westlichsten Zipfel des Landes, ab und hat in der Region schon einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht, wie Carolin Kämmer von der Regionalmarke „Heinsberger Land das schmeckt man“, berichtet. Hinter dieser Regionalmarke verbergen sich mittlerweile 70 Betriebe, die im Heinsberger Land Lebensmittel produzieren, wie eben auch Zipfelmilch. „Mit dieser Regionalmarke können Verbraucherinnen und Verbraucher sofort erkennen, dass das Produkt hier lokal erzeugt wurde,“ erklärt Kämmer und ergänzt, „Wir können stolz darauf sein, was in der Region alles produziert wird und bringen das unter dem Label „Heinsberger Land“ nun schon seit drei Jahren zum Ausdruck“.
Matthias Schiffers (rechts) zeigt den Besuchern den Betrieb. Im Hintergrund sind Gummimatten (links), die Biogasanlage und der Stall zu sehen. (Foto: Agrobusiness Niederrhein)
Darüber hinaus stellte Frau Winden von der Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW e.V während der Veranstaltung die Tätigkeit des Vereins vor, welcher sich für die Milchwirtschaft stark macht. Dies geschieht vor allem durch das Zusammenstellen von Marktzahlen und der Herausgabe von Verbraucherinformationen. Durch Auftritte bei Messen und die Kommunikation mit Verbraucherinnen und Verbrauchern versucht der Verein das Image der Milchwirtschaft und dessen Außenwirkung auf die Gesellschaft zu verbessern. „Gerade für die Öffentlichkeitsarbeit sind Betriebe wie Zipfelmilch wunderbar, da sie direkt von einem positiven Image profitieren und gleichzeitig selbst dazu beitragen“, erklärt Winden.
Verschiedene Einnahmequellen dank Diversifizierung
Zusätzlich hat Familie Schiffers durch verschiedene andere Einnahmequellen, wie der Biogasanlage, noch weitere Standbeine. So verteilt sich das unternehmerische Risiko auf verschiedene Bereiche. Die Biogasanlage wurde 2011 errichtet und versorgt mit der Abwärme ein benachbartes Gewächshaus. Der erzeugte Strom wird in das Stromnetz eingespeist. Das Geschäft mit Gummimatten, welche Herbert Schiffers von dem Braunkohleabbau bekommt und aufbereitet, ist ein seltener Nebenzweig. Die Matten werden später an landwirtschaftliche Betriebe verkauft und dort als Untergrund für beispielsweise Siloplatten genutzt.
Nach dem Betriebsrundgang und den vielen Eindrücken aus dem Betrieb, blieb den Besuchern des Events noch Zeit für einen regen Austausch. Zudem konnten sich alle Teilnehmenden bei einer Verkostung selbst von der Qualität der Milchprodukte aus dem Hause Zipfelmilch überzeugen.
Dieser Bericht wurde im Rahmen des Agropole-Projekts geschrieben. Das Agropole-Projekt wird innerhalb des INTERREG-Programms Deutschland-Niederland durchgeführt und durch die Europäische Union, das MWIDE NRW und die Provinz Limburg gefördert.